So sicher wie noch nie
Die Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahren weltweit größte Fortschritte gemacht: „Noch nie mussten so wenig Menschen Hunger fürchten, noch nie waren Grundnahrungsmittel so günstig und noch nie waren Lebensmittel so sicher wie heute“
Die Landwirtschaft hat in den vergangenen Jahren weltweit größte Fortschritte gemacht: „Noch nie mussten so wenig Menschen Hunger fürchten, noch nie waren Grundnahrungsmittel so günstig und noch nie waren Lebensmittel so sicher wie heute“, stellt Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler fest. Diese Entwicklung ist nur möglich, weil sich Technik und Pflanzenschutz stark verbessert haben. Und darauf kann man sich verlassen, bestätigt Prof. Andreas Hensel, Präsident des Deutschen Bundesinstitutes für Risikobewertung.
Prof. Hensel weilte auf Einladung des Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrums Laimburg, des Landesressorts für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Zivilschutz und Gemeinden und des Südtiroler Apfelkonsortiums in Südtirol. Laimburg-Direktor Michael Oberhuber unterstrich die Wichtigkeit des Austausches unter Experten und Wissenschaftlern, aber auch der Informierung der breiten Öffentlichkeit. Daher wurde ein Fachvortrag am Versuchszentrum Laimburg sowie ein Pressegespräch organisiert. Dieses fand am Mittwoch, 10. August, in Glaning am Werner Hof statt – „ein Bauernhof, wie er für die kleinstrukturierte Südtiroler Obstwirtschaft typisch ist“, erklärte Georg Kössler, Obmann des Südtiroler Apfelkonsortiums: „Der Werner Hof ist ein Familienbetrieb mit etwas Obst- und Weinbau und Urlaub auf dem Bauernhof. Die Bauernfamilie Pichler steht beispielhaft für 7.000 Südtiroler Obstbauern, die sich bemühen, eine intakte Landwirtschaft zu betreiben und damit ihre Familien zu ernähren.“
Forschung zur Lebensmittelsicherheit
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde 2002 gegründet und gehört zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin. Als unabhängige Einrichtung forscht es zu den Themen Lebens- und Futtermittelsicherheit und definiert seine Mission so: „Risiken erkennen – Gesundheit schützen.“ Aber auch die Bürgerinformation gehört zu den Kernaufgaben: „Eines sind die Fakten über die Lebensmittelsicherheit, etwas anderes die Diskussion darüber. Jeder Mensch hat – zwangsläufig – mit Essen zu tun, es ist Ernährung, Kultur... Somit ist auch jeder ein Experte, wenn es ums Mitdiskutieren geht. Nur: Sehr oft wird mit wenig oder nicht fundierten Informationen argumentiert“, erklärte Hensel.
„Das schaffen noch nicht mal die Bayern“
Besonders sensibel reagieren die Menschen auf das Thema Pflanzenschutz, weil Pflanzenschutzmittel als gefährlich empfunden werden. Bei der Bewertung der Risiken käme es allerdings nicht allein darauf an, ob Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gefunden würden, sondern vor allem darauf, wie und in welchem Ausmaß Menschen damit in Berührung geraten, betonte Hensel. Ein Beispiel: „Wir alle haben gehört, dass in einigen Biersorten Spuren des Unkrautvernichters Glyphosat nachgewiesen wurden – vor allem in Deutschland eine Schreckensnachricht. Nur: Glyphosat wurde von der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend’ eingestuft; Alkohol als ,sicher krebserregend’; Bier enthält 20.000 mal mehr Alkohol als Glyphosat. Trotzdem reden alle nur vom Glyphosat als Krebserreger im Bier, nicht vom Alkohol“, so Hensel.
Um über Bier eine Menge an Glyphosat aufzunehmen, die gesundheitlich bedenklich sein könnte, müsste ein Erwachsener rund 1.000 Liter Bier am Tag trinken. „Das schaffen noch nicht mal die Bayern“, scherzte Hensel, um den Widerspruch zwischen wissenschaftlich fundierter Risikobewertung und subjektiver Wahrnehmung aufzuzeigen. Ähnliches gelte für viele weitere Wirkstoffe und Mittel. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln seien bei sachgemäßer Anwendung der Produkte gesundheitlich unbedenklich – für denjenigen, der sie ausbringt, als auch für denjenigen, der damit in Kontakt gerät. Was die Lebensmittelsicherheit betrifft, so sei diese am ehesten durch mangelhafte Küchenhygiene gefährdet. „In Küchen finden sich meist mehr krankheitserregende Fäkalkeime als im Klosett.“
Komplexe Zulassungsprozesse für Pflanzenschutzmittel
Hensel erläuterte die komplexen und strengen Zulassungsprozesse, die Pflanzenschutzmittel international durchlaufen müssen, bevor sie eingesetzt werden dürfen. „Hier wird einfach alles geprüft: die Giftigkeit für Schädlinge, Pflanzen, Früchte, Tiere, Menschen; die Abbauprodukte der Stoffe in Pflanzen, im Boden... Schließlich die Auswirkungen aller Art beim Menschen, der damit durch Arbeit in Berührung kommt bzw. bei Endkonsumenten landwirtschaftlicher Produkte“, so Hensel. Die Grenzwerte werden dann jeweils so festgelegt, dass die jeweils schwächste Gruppe der Menschen noch sicher ist – z. B. Kinder.
Grenzwerte: In Südtirol noch tiefer
In Südtirol sind diese Grenzwerte noch tiefer, verwies Kössler auf die Richtlinien der Arbeitsgruppe für den Integrierten Obstanbau in Südtirol (AGRIOS). Der AGRIOS gehören praktisch alle Südtiroler Bauern an, die nicht biologisch anbauen: Im integrierten Anbau in Südtirol darf nur die Hälfte der staatlich zugelassenen Werte erreicht werden. Wie kommt es dann, dass immer wieder Nachrichten über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln an die Öffentlichkeit dringen? „Das liegt tatsächlich an den Messungen. Vor 50 Jahren konnte bis zu 1ppm – part per million – gemessen werden. Das ist 1 Milligramm pro Liter. Heute messen wir 1ppq – part per quadrillion. So finden wir ein einzelnes Roggenkorn in einem 20.000 Kilometer langen Güterzug voll Weizen.“ Was man sucht, das kann man also finden. „Aber nur weil etwas messbar ist, ist es noch lange nicht bedenklich für die Gesundheit“, unterstrich Hensel, „entscheidend ist die Exposition, also in welcher Menge etwas aufgenommen wird.“
Mehr Sachlichkeit in der Diskussion um Pflanzenschutzmittel
Auch Landesrat Schuler plädierte für bessere Information und mehr Sachlichkeit in der Diskussion: „Das Versuchszentrum Laimburg und viele andere Institutionen leisten dazu ihren Beitrag. Denn mehr Sachlichkeit tut dringend not. Diskutiert wird nur über Äpfel, aber nicht über den Kampf gegen die Tigermücke mit gefährlichen Insektiziden oder über die Pflanzenschutzbehandlungen in Stadtgärten und Parks in unmittelbarer Wohnumgebung.“
Prof. Hensel weilte auf Einladung des Land- und Forstwirtschaftlichen Versuchszentrums Laimburg, des Landesressorts für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Zivilschutz und Gemeinden und des Südtiroler Apfelkonsortiums in Südtirol. Laimburg-Direktor Michael Oberhuber unterstrich die Wichtigkeit des Austausches unter Experten und Wissenschaftlern, aber auch der Informierung der breiten Öffentlichkeit. Daher wurde ein Fachvortrag am Versuchszentrum Laimburg sowie ein Pressegespräch organisiert. Dieses fand am Mittwoch, 10. August, in Glaning am Werner Hof statt – „ein Bauernhof, wie er für die kleinstrukturierte Südtiroler Obstwirtschaft typisch ist“, erklärte Georg Kössler, Obmann des Südtiroler Apfelkonsortiums: „Der Werner Hof ist ein Familienbetrieb mit etwas Obst- und Weinbau und Urlaub auf dem Bauernhof. Die Bauernfamilie Pichler steht beispielhaft für 7.000 Südtiroler Obstbauern, die sich bemühen, eine intakte Landwirtschaft zu betreiben und damit ihre Familien zu ernähren.“
Forschung zur Lebensmittelsicherheit
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde 2002 gegründet und gehört zum Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft in Berlin. Als unabhängige Einrichtung forscht es zu den Themen Lebens- und Futtermittelsicherheit und definiert seine Mission so: „Risiken erkennen – Gesundheit schützen.“ Aber auch die Bürgerinformation gehört zu den Kernaufgaben: „Eines sind die Fakten über die Lebensmittelsicherheit, etwas anderes die Diskussion darüber. Jeder Mensch hat – zwangsläufig – mit Essen zu tun, es ist Ernährung, Kultur... Somit ist auch jeder ein Experte, wenn es ums Mitdiskutieren geht. Nur: Sehr oft wird mit wenig oder nicht fundierten Informationen argumentiert“, erklärte Hensel.
„Das schaffen noch nicht mal die Bayern“
Besonders sensibel reagieren die Menschen auf das Thema Pflanzenschutz, weil Pflanzenschutzmittel als gefährlich empfunden werden. Bei der Bewertung der Risiken käme es allerdings nicht allein darauf an, ob Rückstände von Pflanzenschutzmitteln gefunden würden, sondern vor allem darauf, wie und in welchem Ausmaß Menschen damit in Berührung geraten, betonte Hensel. Ein Beispiel: „Wir alle haben gehört, dass in einigen Biersorten Spuren des Unkrautvernichters Glyphosat nachgewiesen wurden – vor allem in Deutschland eine Schreckensnachricht. Nur: Glyphosat wurde von der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als „wahrscheinlich krebserregend’ eingestuft; Alkohol als ,sicher krebserregend’; Bier enthält 20.000 mal mehr Alkohol als Glyphosat. Trotzdem reden alle nur vom Glyphosat als Krebserreger im Bier, nicht vom Alkohol“, so Hensel.
Um über Bier eine Menge an Glyphosat aufzunehmen, die gesundheitlich bedenklich sein könnte, müsste ein Erwachsener rund 1.000 Liter Bier am Tag trinken. „Das schaffen noch nicht mal die Bayern“, scherzte Hensel, um den Widerspruch zwischen wissenschaftlich fundierter Risikobewertung und subjektiver Wahrnehmung aufzuzeigen. Ähnliches gelte für viele weitere Wirkstoffe und Mittel. Rückstände von Pflanzenschutzmitteln seien bei sachgemäßer Anwendung der Produkte gesundheitlich unbedenklich – für denjenigen, der sie ausbringt, als auch für denjenigen, der damit in Kontakt gerät. Was die Lebensmittelsicherheit betrifft, so sei diese am ehesten durch mangelhafte Küchenhygiene gefährdet. „In Küchen finden sich meist mehr krankheitserregende Fäkalkeime als im Klosett.“
Komplexe Zulassungsprozesse für Pflanzenschutzmittel
Hensel erläuterte die komplexen und strengen Zulassungsprozesse, die Pflanzenschutzmittel international durchlaufen müssen, bevor sie eingesetzt werden dürfen. „Hier wird einfach alles geprüft: die Giftigkeit für Schädlinge, Pflanzen, Früchte, Tiere, Menschen; die Abbauprodukte der Stoffe in Pflanzen, im Boden... Schließlich die Auswirkungen aller Art beim Menschen, der damit durch Arbeit in Berührung kommt bzw. bei Endkonsumenten landwirtschaftlicher Produkte“, so Hensel. Die Grenzwerte werden dann jeweils so festgelegt, dass die jeweils schwächste Gruppe der Menschen noch sicher ist – z. B. Kinder.
Grenzwerte: In Südtirol noch tiefer
In Südtirol sind diese Grenzwerte noch tiefer, verwies Kössler auf die Richtlinien der Arbeitsgruppe für den Integrierten Obstanbau in Südtirol (AGRIOS). Der AGRIOS gehören praktisch alle Südtiroler Bauern an, die nicht biologisch anbauen: Im integrierten Anbau in Südtirol darf nur die Hälfte der staatlich zugelassenen Werte erreicht werden. Wie kommt es dann, dass immer wieder Nachrichten über Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln an die Öffentlichkeit dringen? „Das liegt tatsächlich an den Messungen. Vor 50 Jahren konnte bis zu 1ppm – part per million – gemessen werden. Das ist 1 Milligramm pro Liter. Heute messen wir 1ppq – part per quadrillion. So finden wir ein einzelnes Roggenkorn in einem 20.000 Kilometer langen Güterzug voll Weizen.“ Was man sucht, das kann man also finden. „Aber nur weil etwas messbar ist, ist es noch lange nicht bedenklich für die Gesundheit“, unterstrich Hensel, „entscheidend ist die Exposition, also in welcher Menge etwas aufgenommen wird.“
Mehr Sachlichkeit in der Diskussion um Pflanzenschutzmittel
Auch Landesrat Schuler plädierte für bessere Information und mehr Sachlichkeit in der Diskussion: „Das Versuchszentrum Laimburg und viele andere Institutionen leisten dazu ihren Beitrag. Denn mehr Sachlichkeit tut dringend not. Diskutiert wird nur über Äpfel, aber nicht über den Kampf gegen die Tigermücke mit gefährlichen Insektiziden oder über die Pflanzenschutzbehandlungen in Stadtgärten und Parks in unmittelbarer Wohnumgebung.“